Phytotherapie – die Kraft der Pflanzen nutzen

Phytotherapie – die Kraft der Pflanzen nutzen

„Gegen alles ist ein Kraut gewachsen“ – dieser alte Spruch kommt nicht von ungefähr. Phytotherapie oder Pflanzenheilkunde ist eine der ältesten medizinischen Verfahren. Es gibt Aufzeichnungen über Heilpflanzen in Keilschrift, die über 6000 Jahre alt sind. Aus dem alten Ägypten gibt es Papyri, die Pflanzen und ihre Anwendungsbereiche beschreiben. Und um 3000 v. Chr. haben die Chinesen bereits ein Kräuterbuch verfasst, in dem rund 1000 Heilpflanzen aufgezeichnet wurden. Wenn man an Heilkräuter denkt, kommen einem auch Namen wie Hippokrates, Paracelsus und Hildegard von Bingen und Pfarrer Kneipp in den Sinn.

Pflanzen gelten als die ältesten Heilmittel überhaupt und bilden schon sehr lange die Basis für die ersten Arzneien. Gerade bei leichten Erkrankungen und chronischen Beschwerden kommt die Phytotherapie häufig zur Anwendung. Sie ist jedoch nicht für akute Notfälle und Intensivmedizin geeignet!

Pflanzenwirkstoffe

Der Satz „Ich möchte keine Chemie, ich möchte lieber etwas Natürliches“  gilt für mich persönlich nicht, da auch die Wirkstoffe in den Pflanzen nichts anderes sind als chemische Verbindungen.

Zahlreiche in der Schulmedizin verwendete Medikamente waren ursprünglich aus Pflanzen isolierte Reinstoffe oder sind es immer noch. Im Gegensatz zu vielen schulmedizinischen Medikamenten bestehen Pflanzen jedoch aus vielen Wirkstoffen in unterschiedlicher Zusammensetzung. Ihre Wirkungsweise ergibt sich daher oft aus der Summe aller Inhaltsstoffe.

Heilpflanzen enthalten höchst unterschiedliche Wirkstoffe, wie Alkaloide, Gerbstoffe, Bitterstoffe, Schleimstoffe, Cumarine und einige mehr:

  • Schleimstoffe – sie legen sich wie ein Schutzfilm über die Schleimhäute und vermindern so den Einfluss von Reizen. Dadurch wirken sie schmerzlindernd und vermindern die Aufnahme anderer Stoffe. Man nutzt ihre entzündungshemmenden und abführenden Eigenschaften. Pflanzen mit hohem Schleimstoffanteil sind z.B Ulmenrinde (Slippery Elm Bark), Eibischwurzel und Flohsamen.
  • Bitterstoffe – schmecken wie der Name schon sagt bitter. Sie wirken verdauungsanregend und leberunterstützend. Die Durchblutung im Verdauungstrakt wird angeregt und dadurch die Nährstoffaufnahme gesteigert. Löwenzahn, Beifuß und Schafgarbe wären hier als Vertreter zu nennen.
  • Gerbstoffe – haben eine adstringierende (zusammenziehende), antibakterielle und entzündungshemmende Wirkung und unterstützen z.B die Wundheilung. Brombeeren, Heidelbeeren, Eichenrinde und Blutwurz enthalten viele Gerbstoffe.
  • ätherische Öle – und ihre Hauptbestandteile, die Terpene, wirken antibakteriell und desinfizierend. Sie haben sowohl beruhigende als auch euphorisierende Wirkung und wirken dadurch schlaffördernd oder anregend. Ätherische Öle können gallenanregend, blähungslösend, durchblutungsfördernd und antirheumatisch wirken. Die Liste der Pflanzen ist schier unendlich: Eukalyptus, Minze, Fenchel, Anis, uvm.
  • Alkaloide – haben einen starken Einfluss auf den Organismus und können leicht giftig wirken, da sie die natürlichen Abläufe im Körper stören.  Sie hemmen Enzyme und stören die Zellteilung.
  • Salycilate – wirken fiebersenkend, schmerzlindernd, antibakteriell. Sie haben jedoch im Gegensatz zur Acetylsalicylsäure im Aspirin keinen Einfluss auf die Blutgerinnung. Weidenrinde und Mädesüß wären hier zu nennen.
  • Flavonoide – sind stark anti-oxidativ. Außerdem haben Flavonoide entzündungshemmende und gefäßabdichtende Eigenschaften und sorgen für eine bessere Durchblutung der Herzkranzgefäße.

Diese Wirkstoffe sind z.T in der ganzen Pflanze verteilt oder aber konzentriert in Blüten, Blättern oder den Wurzeln. Der Wirkstoffgehalt und Wirkstoffzusammensetzung ist oft abhängig von der Jahreszeit und davon in welcher Wachstumsphase die Pflanze sich gerade befindet. Wenn man die Pflanzen phytotherapeutisch einsetzen möchte, muss man also wissen, wann der beste Erntezeitpunkt für die entsprechenden Pflanzenteile ist. Weiters ist die richtige Haltbarmachung und Lagerung der Pflanzen sehr wichtig.

Wie erntet und lagert man Kräuter am besten?

Wenn man Kräutern und Heilpflanzen kaufen möchte, sollte man unbedingt auf sehr gute Qualität achten. Daher sollte man auf gute Quellen, wie Apotheke oder guten Fachhandel zurückgreifen. Arzneibuch-Qualität gewährleistet eine strenge Standardisierung der Inhaltsstoffe.

Wenn man sich mit Pflanzen auskennt und sie auch ganz sicher bestimmen kann, besteht natürlich auch die Möglichkeit Pflanzen und Kräuter selber zu sammeln und zu konservieren.

Von Frühling bis Herbst kann man viele Kräuter und Pflanzen ernten oder pflücken. Der beste Zeitpunkt zum Ernten ist ein kühler, sonniger Morgen, wenn der Morgentau bereits getrocknet ist. Man sollte nur einwandfreie, gesunde grüne Blätter, Blüten und Stängel mit einer scharfen Schere oder Messer abernten. Niemals sollte man die Pflanze aber zu sehr schädigen. Wegen der Gefahr von Schimmelbildung sollte nie nach Regentagen geerntet werden bzw. die Pflanzen nach der Ernte auch nicht gewaschen werden.

Die richtige Aufbewahrung entscheidet maßgeblich über die Haltbarkeit. Frische Kräuter können kurzfristig im Kühlschrank in einem Kunststoffgefäss aufbewahrt werden. Möchte man die Kräuter länger aufbewahren, kann man sie auch einfrieren. So verlieren sie nur langsam ihr Aroma.

Um Kräuter länger haltbar zu machen, besteht die Möglichkeit sie zu trocknen. In trockenen Gegenden kann man Kräuter gebündelt und kopfüber an einem warmen, luftigen Ort trocknen. Ungeduldige können sie jedoch auch im Backrohr bei 30-40°C trocknen. Dieser Vorgang dauert je nach Pflanze 3-6 Stunden.

Aufbewahrt werden die Kräuter dann in aromakonservierenden, dunklen Glasgefässen, an einem dunklen, wohltemperierten und trockenen Platz.

Verschiedene Zubereitungsarten

Je nachdem welche Wirkstoffe der Pflanze nutzen möchte, gibt es unterschiedliche Zubereitungen. Dafür muss man zum Beispiel wissen, ob der Wirkstoff wasserlöslich ist oder nicht.

Die bekannteste Anwendungsform ist der Tee (auch Aufguss oder Infus). Für die Herstellung eines Tees gießt man kochendes Wasser über die aktiven Bestandteile der Pflanze, meist sind dies die Blüten und die Pflanzenblätter. Diese Mischung lässt man 5-15 Minuten stehen und filtert sie dann.

Beim Absud werden die Pflanzenteile (meist Wurzeln und Rinden) in kaltes Wasser gegeben und dann aufgekocht. Nach einer gewissen Kochzeit lässt man den Absud abkühlen und filtert ihn dann.

Für die Zubereitung eines Kaltauszuges werden die Bestandteile der Heilpflanze in kaltes Wasser gegeben. Diese Mischung lässt man zugedeckt an einem kühlen Ort für mehrere Stunden bis hin zu Wochen stehen.

Pflanzenpresssäfte entstehen durch entsaften der Pflanzenteile.

Für Tinkturen benötigt man meistens alkoholische Auszüge. Als Lösungsmittel eigen sich fast alle neutralen Alkoholarten, z.B. hochkonzentrierter Weingeist, einfacher Korn oder Wodka mit mindestens 40 % Vol. Alkoholanteil. Die Pflanzen werden in dem Alkohol vollständig bedeckt und reifen für mehrere Wochen. Während dieser Zeit löst der Alkohol nach und nach die löslichen Inhaltsstoffe aus den Pflanzen.

Was kann Phytotherapie leisten?

Dazu muss man sich folgende Fragen stellen:

  • Wann ist die phytotherapeutische Behandlung wirklich sinnvoll?
  • Wann vielleicht wenig zielführend?
  • Was sind die richtigen Anwendungsgebiete?
  • Was muss man bei der phytotherapeutischen Behandlung beachten?

Die Wirksamkeit der Phytotherapie ist für viele Pflanzen bereits weitgehend wissenschaftlich gesichert. Von anderen Pflanzen weiß man nur von Kräuterexperten und „Eigenversuchen“, dass sie gut wirken. Heilpflanzen lassen sich mit dem entsprechendem Grundlagenwissen begleitend zu einer schulmedizinischen als auch alternativen Therapie gut bei Hunden und z.T auch Katzen einsetzen. Therapeutisch sollte die Phytotherapie nur zum Einsatz kommen, wenn man sich mit den einzelnen Kräutern und ihren Wirkstoffen intensiv vertraut gemacht hat und auch die richtige Anwendung beim Tier kennt.

Es gilt immer zu bedenken, dass auch Pflanzenwirkstoffe zum Teil sehr starke, sogar tödliche Wirkungen haben können (man denke nur an z.B Fingerhut/Digitoxin). Auch Pflanzen, die für den Menschen eher unbedenklich sind, können für Hund oder Katze giftig sein. Frisches Schöllkraut z.B wird beim Menschen bei Erkrankungen von Leber und Galle eingesetzt und findet auch als krampflösendes Mittel Anwendung. Die frische Pflanze enthält jedoch verschiedene Alkaloide in einer Konzentration, die für Hunde giftig ist.

Mit richtig angewendeter Phytotherapie kann man kleine Beschwerden meist sehr leicht in den Griff bekommen. Es gibt Hausmittel, die man auch als Laie mit dem entsprechendem Grundwissen gut bei seinem Hund anwenden kann. Dazu gehört z.B. Slippery Elm Bark (Ulmenrinde) bei Sodbrennen und als Magenschutz oder Fencheltee bei Blähungen. Man sollte jedoch nie nur Symptombekämpfung betreiben, sondern immer auch Ursachenforschung. Wenn ein Hund Blähungen hat, werden diese von irgendetwas verursacht. Und diese Ursache gilt es herauszufinden und zu vermeiden.

Katzen sind aufgrund ihres speziellen Stoffwechsels auf sehr viele Stoffe empfindlicher als Hunde. Bei ihnen können manche Heilpflanzen, die bei Hunden problemlos sind, gar nicht mehr so einfach und unbedarft angewendet werden. Bei Katzen sollte man sich noch viel intensiver damit beschäftigen, was man verwenden kann und was nicht und im Zweifelsfall immer einen Phytotherapeut ins Boot holen, der mit Katzen Erfahrung hat.

Wenn Heilpflanzen eine schwere oder chronische Erkrankung unterstützen sollen, gehört das unbedingt in die Hände von erfahrenen Phytotherapeuten. Der 1. Weg bei Erkrankungen des Tieres sollte jedoch immer zuerst der zum Tierarzt sein. Im 2. Schritt kann man dann überlegen, wie man das Tier zusätzlich phytotherapeutisch unterstützen kann. Phytotherapie kann viel leisten, wenn man genau weiß wie.

Kraut ist nicht gleich Kraut

Die Fütterung von Kräutern liegt momentan voll im Trend. Überall findet man diverse Kräutermischungen für Hunde und Katzen. Es gibt dem Tierhalter irgendwie das Gefühl gesund zu füttern.

Es ist auch kein Problem Futterkräuter (z.B Petersilie, Pfefferminze, Löwenzahn,) in kleinen Mengen in die Fütterung der Hunde zu integrieren. Sie liefern wie Obst und Gemüse auch wertvolle sekundäre Pflanzenstoffe. Man darf jedoch nicht vergessen, dass gerade auch viele Küchenkräuter zu den Heilkräutern zählen.

Sehr viele Pflanzen haben aufgrund ihrer Wirkstoffe bestimmte Effekte auf den Körper. Diese Heilkräuter sollte man daher gezielt dann einsetzen, wenn sie gebraucht werden. Füttert man die ganze Zeit komplexe Kräutermischungen kann es auch zu einem Gewöhnungseffekt kommen. Möchte man dann das eine oder andere Kraut bei leichten Beschwerden einsetzen, wirkt es eventuell überhaupt nicht mehr. Gerade in der Kräuterheilkunde hilft viel nicht immer viel.

FAZIT

Um Kräuter richtig und gezielt einsetzen zu können, sollte man sich intensiv mit der Thematik beschäftigen. Welche Inhaltsstoffe hat eine Pflanze? Ist sie für das Tier geeignet? Bei welchen Beschwerden kann man sie einsetzen? In welcher Form kann man sie verabreichen? Welche Dosis ist die Richtige? Wie lange sollte man die Pflanze einsetzen? Es gibt also sehr viele Fragen abzuklären, bevor man etwas an seinem Tier ausprobiert. Als Laie sollte man auch immer seine Grenzen kennen. Hat der Hund auf einmal Durchfall, kann man über 1-2 Tage probieren, dies mit Hilfe von Kräutern selber in den Griff zu bekommen. Sollte der Durchfall aber anhalten, geht kein Weg daran vorbei zum Tierarzt zu gehen.

Wenn das Tier unter einer schweren Erkrankung leidet, bitte nicht einfach selber drauf los doktern. In diesen Fällen braucht man unbedingt zuerst schulmedizinische Hilfe und sollte sich in ärztliche Behandlung begeben. Ein erfahrener Phytotherapeut kann im zweiten Schritt dabei helfen, wie man das Tier zusätzlich phytotherapeutisch unterstützen kann.





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