Juckreiz bei Hunden und Katzen – einfach zum Aus-der-Haut-Fahren
Juckende Haut ist wohl eine der unangenehmsten Beschwerden. Jeder weiß selbst, dass man Juckreiz auch mit der größten Willensstärke fast nicht ignorieren kann. Kein Wunder, dass es unseren Hunden und Katzen so schwer fällt, dem Juckreiz zu widerstehen. Das Verlangen nach Kratzen, Scheuern und Reiben ist schier unstillbar und quälend.
Was ist Juckreiz überhaupt?
Juckreiz, auch Pruritus genannt, ist eines der häufigsten Symptome, die sich an/auf der Haut abspielen. Pruritus ist eine eigenständige Sinnesempfindung der Haut und entsteht unabhängig von der Schmerzempfindung. Die oberflächlichen Nervenenden in der Haut reagieren auf viele verschiedene Botenstoffe aus der Haut oder dem Blut und es entwickelt sich Juckreiz in Form von reinem Jucken, stechendem oder brennendem Jucken oder schmerzendem Kribbeln. Die Juckempfindung wird über die Nerven des Rückenmarks zum Gehirn transportiert, wo unmittelbar das Verlangen nach Kratzen ausgelöst wird.
Durch das Kratzen oder Reiben der betroffenen Hautstelle entstehen Schmerzreize, die das Jucken für kurze Zeit überdecken. Man kennt das ja selber von Insektenstichen: Das Kratzen verschafft Linderung, die jedoch in der Regel nicht lange anhält. Durch das Kratzen der Haut werden wiederum Botenstoffe freigesetzt, die erneut Juckreiz hervorrufen. Juckreiz ist für das betroffene Tier daher ein wahrer Teufelskreis.
Juckreiz als Symptom
Was man sich aber bewusstmachen muss: Juckreiz ist immer ein Symptom und es gibt eine dahinterliegende Ursache, die man unbedingt herausfinden muss, um dem Tier helfen zu können. Diese Ursachen können akut sein, wie ein Insektenstich oder aber natürlich auch chronisch, aufgrund von Erkrankungen oder Allergien. Die Juckreizschwelle der Haut wird durch ständiges Kratzen immer mehr herabgesetzt und es reichen dann schon leichte mechanische und chemische Reize sowie Stress um einen erneuten Kratzreflex auszulösen. Bei regelmäßig auftretendem Juckreiz sollte die Ursache schnellstmöglich abgeklärt werden, da akuter Juckreiz sehr schnell chronisch werden kann.
Bei Hunden und Katzen äußert sich der Juckreiz durch Kratzen, Belecken, Beknabbern, Reiben / Rutschen oder auch Kopfschütteln. Die Intensität mit der das Tier versucht, den Juckreiz zu bekämpfen, gibt Hinweise auf die eigentliche Intensität des Juckreizes.
Wie viel Kratzen ist denn eigentlich normal?
Jeder Hund und jede Katze kratzt sich mal oder schleckt und knabbert am Fell. Das gehört zur normalen Körperpflege oder dient dazu, sozialen Stress abzureagieren. Gelegentliches Kratzen ist auch überhaupt kein Anlass zur Sorge. Doch was ist denn gelegentlich?
Die Grenze zwischen normalem Kratzen und krankhaftem Kratzen ist leider fließend. Juckreiz ist immer dann beachtenswert, wenn das Tier ein verändertes fast gezwungenes Verhalten zeigt oder wenn bereits kratzbedingte Verletzungen von Haut und Fell auftreten.
Wenn man sich unsicher ist, ob das Verhalten des Tieres „normal“ ist, sollte man ein kleines Tagebuch führen. In diesem kann man sich notieren, wie oft das Kratzen auftritt und in welchen Situationen. Weiters sollte die Intensität des Kratzens, die Fütterung, der Tagesablauf und die betroffenen Körperstellen aufgeschrieben werden. Mit Hilfe dieser Notizen lässt sich sehr oft ein „roter Faden“ herauslesen, der Aufschluss über mögliche Ursachen geben kann.
Was sind häufige Ursachen für Juckreiz?
Fasst man mögliche Ursachen für Juckreiz bei Hunden und Katzen zusammen, wird deutlich wie vielfältig diese sein können:
- Parasiten wie Flöhe, Zecken oder Milben (Demodex, Sarcoptesmilbe beim Hund, Notoedres cati bei Katzen, Herbstgrasmilben, Ohrmilben)
- Allergien und Unverträglichkeiten: Flohspeichelallergie, Futtermittelallergie, Kontaktallergie oder Umweltallergien wie Pollenallergie oder Allergie gegen Hausstaubmilben
- gestörte Darmflora
- Insektenstiche
- Infektionen mit Pilzen und Bakterien
- Ohrenentzündungen
- Ernährungsfehler, z.B Nährstoffmängel
- Stressabbau, Übersprungshandlungen
- Hormonelle Dysfunktionen
- Hotspots
- Erkrankungen wie Leishmaniose, Nieren- und Lebererkrankungen, Schilddrüsenerkrankungen)
- Eosinophiler Granulomkomplex (EGK) bei der Katze
- Störungen der Hautbarriere durch Shampoos oder Medikamente (z.B Spot Ons)
Bei Juckreiz kennt man aber auch idiopathische Formen, bei denen keine körperliche Ursache gefunden werden kann. In diesen Fällen stecken häufig psychische Probleme aufgrund von Stress, Unsicherheit oder Angst hinter den Beschwerden des Tieres.
Hauptprobleme durch den Juckreiz
Wenn sich das Tier anhaltend kratzt oder schleckt kommt es mit der Zeit zu Fellverlust und Schädigungen der Haut. Dadurch, dass die Tiere die juckenden Stellen mit Zähnen und Krallen intensiv bearbeiten und die Haut dabei verletzen, kommt es an diesen Stellen früher oder später zu
1) zu haarlosen Bereichen (Fellverlust)
2) Entzündungen
Diese erkennt man z.B. durch Rötungen, Krusten, Kratzspuren, Pusteln oder sogar offenen/nässenden Wunden. Wenn die Entzündung bzw. der Juckreiz länger anhalten, kann sich die Haut an den betroffenen Stellen auch verdicken (= Elefantenhaut) und dunkel verfärben. Oft nutzen dann Bakterien und/oder Hefepilze die Schädigung der Haut aus und infizieren sie. Eine solche sogenannte Sekundärinfektion verstärkt den Juckreiz und die Entzündung leider noch weiter.
Ursachenfindung
Es ist leider oftmals eine echte Herausforderung, die Ursache für den Juckreiz heraus zu finden. Die Vorgangsweise ist immer ein langwieriges Ausschlussverfahren: Vom Offensichtlichen zum weniger Offensichtlichen, vom Wahrscheinlichen zum weniger Wahrscheinlichen.
Da diese Ursachenfindung nicht selten eine längere Detektivarbeit ist, kann es in der Zeit notwendig sein, die Symptome zu lindern oder zu unterdrücken, um dem Tier Linderung zu verschaffen und den Kreislauf zu durchbrechen. Allerdings sollte man sich darüber im Klaren sein, dass dies keine dauerhafte Lösung des Problems Juckreiz ist.
Zu den häufigsten Ursachen für Juckreiz zählen Parasiten, Allergien, stressbedingter Juckreiz und Hautinfektionen.
Diagnostik
Man beginnt daher im Schritt 1 mit dem Einfachsten – der Hautdiagnostik. Dabei wird das Tier auf Parasiten (Flöhe, Milben, …), Bakterien oder Pilze untersucht. Dazu kann es notwendig sein Hautgeschabsel oder Abklatschproben der betroffenen Stellen genauer untersuchen zu lassen.
Im 2. Schritt müssen Allergien und Unverträglichkeiten als mögliche Auslöser abgeklärt werden. Um Umweltallergien und Allergien auf Futter/Hausstaubmilben festzustellen, kann man einen Allergietest über das Blut machen. In Bezug auf Futtermittel sollte man aber unbedingt immer eine Ausschlussdiät machen, um Lebensmittel auszuschließen, die nicht vertragen werden. Bei einer Futtermittelallergie reagiert das Tier in den meisten Fällen allergisch auf ein bestimmtes Protein. Im Zuge einer Ausschlussdiät kann man diese Proteinquelle ermitteln, um sie in Zukunft zu vermeiden.
Ein weiterer Ansatzpunkt ist der Ausschluss von Erkrankungen. Hier sollte man ein besonderes Augenmerk auf Leishmaniose, Lebererkrankungen, Schmerzen, Gastritis oder hormonelle Erkrankungen (Schilddrüse, Morbus Cushing, Morbus Addison, Diabetes) legen.
In diesem Zuge sollte man auch die Darmflora und den Zustand der Darmschleimhaut mal gründlich untersuchen und schauen, ob da alles in Ordnung ist. Der Darm ist nämlich eine wichtige Schutzbarriere im Körper. Wenn diese nicht in Ordnung ist, kann es zu weiterführenden Problemen und Reaktionen kommen.
Stress und Rituale
Zu guter Letzt muss man sich noch mit dem Thema „Stress“ und „Rituale/Gewohnheiten“ beschäftigen. Hier muss man die Lebensgewohnheiten des Tieres genauer unter die Lupe nehmen.
- Gibt es Stress mit anderen Tieren im Haushalt?
- Hat das Tier Probleme mit dem Alleinsein?
- Hat das Tier hormonellen Stress (Läufigkeit, Pubertät)?
- Wie gestresst ist man selber als Besitzer des Tieres?
Dann muss man sich natürlich auch die Frage stellen – kann man das Tier aus der stressigen Situation rausnehmen? Kann man das Kratzen unterbinden?
In ganz schweren Fällen kann es notwendig sein, das Tier durch Halskrause oder Body vom Kratzen abzuhalten, damit es sich nicht weitere Schäden zufügt.
Schulmedizinischer Ansatz
Bei chronischem Juckreiz basieren die schulmedizinischen Strategien auf einer Beeinflussung des Immunsystems. Dabei kommen zum Beispiel Glucocorticoide (Cortison), Ciclosporine, Oclacitinib (Apoquel) oder Lokivetmab (Cytopoint) zum Einsatz.
Glukokortikoide, wie Cortison wirken primär entzündungshemmend und unterdrücken das Immunsystem. Die Aktivierung von Entzündungszellen und die Bildung von entzündungsfördernden Botenstoffen wie Histamin wird gehemmt.
Ciclosporin ist ein sogenanntes Immunsuppressivum. Das bedeutet, es hemmt die Aktivitäten des Immunsystems einschließlich der Bildung entzündungsfördernder Botenstoffe, wie Histamin.
Etwas anders ist die Wirkweise von Oclacitinib (Apoquel). Dies ist ein entzündungshemmender, antiallergischer und juckreizlindernder Wirkstoff aus der Gruppe der Januskinase-Inhibitoren, der die Funktion von Zytokinen hemmt.
Der Wirkstoff in Cytopoint ist kein kleines Molekül sondern ein Antikörper. Dieser ist ganz spezifisch gegen einen bestimmten Botenstoff im Körper des Hundes gerichtet: Interleukin-31 (IL-31). Dieser Botenstoff spielt eine große Rolle bei der Empfindung von Juckreiz. Bei der Behandlung verbinden sich die enthaltenen Antikörper mit dem körpereignen IL-31 und fangen den Botenstoff ab, bevor er an die Nervenzellen andocken kann. Dadurch wird der Juckreiz unterbrochen und der Hund hört auf sich zu kratzen.
Diese Medikamente sorgen alle effektiv dafür, dass der Juckreiz aufhört, behandeln jedoch leider die Ursache nicht.
Linderung der Symptome
Da die Suche nach der Ursache oft einen längeren Zeitraum in Anspruch nimmt, sollte man versuchen das Tier in dieser Zeit zu unterstützen und die Symptome zu lindern.
Nahrungsergänzungsmittel können nur dann sinnvoll eingesetzt werden, wenn die Ursache des Juckreizes zumindest in Teilen eingegrenzt werden kann und Futtermittelallergien bereits ausgeschlossen sind.
Man kann versuchen die gestörte Hautbarriere des Tieres zu stärken, damit weniger Kontakt mit den Problemstoffen entsteht. Sehr oft nutzt man hier meist Omega 3 Fettsären, in der Regel Fischöle. Es ist aber wichtig, dass man qualitativ hochwertige Produkte verwendet. Auch Kräuter können den Stoffwechsel und die Leber unterstützen oder bei Entzündungen eingesetzt werden. Hier sollte man aber gerade bei Katzen sehr aufpassen, da diese auf viele Kräuter sehr sensibel reagieren! Bei Unsicherheiten sollte unbedingt ein ausgebildeter Phytotherapeut für Tiere mit ins Boot geholt werden.
Wie stillt man den Juckreiz und verhindert, dass das Tier sich ständig kratzt?
Hier geht es in erster Linie um folgende Punkte:
- Juckreizlinderung
- Verhinderung von Sekundärinfektionen
- Abheilung von Läsionen und Entzündungen
Damit das Tier die juckende Stelle nicht durch Kratzen schlimmer macht, ist es wichtig, den Juckreiz schnell zu lindern. Leichten Juckreiz kann man mit einfachen Hausmitteln behandeln.
Hausmittel gegen Juckreiz
Kamille ist ein wunderbares Hausmittel bei Entzündungen der Haut und Schleimhaut. Auflagen oder Pfotenbäder mit Kamillentee beschleunigen das Abklingen von Reizungen und hemmen die Entstehung von Entzündungen. Zudem wird der Hautstoffwechsel angeregt, wodurch der körpereigene Schutz gestärkt wird.
Apfelessig wirkt antiseptisch, richtet sich gegen Pilze und Bakterien. Er lindert den Juckreiz und hilft den pH-Wert der Haut ins Gleichgewicht zu bringen. Wenn der Juckreiz sich auf eine kleine Hautpartie begrenzt, kann man den verdünnten Apfelessig direkt auf die betroffene Stelle tupfen.
Bei kolloidalem Silber handelt es sich um winzigste Partikel aus Silber, die in Wasser gebunden, aber nicht gelöst sind. Kolloidales Silber ist ein „natürliches Antibiotikum“. Es verspricht eine gute Wundversorgung und hemmt die Keimbildung. Zudem soll es bei akuten Krankheitszuständen, wie Entzündungen helfen. In Form von Sprays oder Auflagen kann man damit die wunden Stellen behandeln.
Kaltes Aloe Vera Gel (aus dem Kühlschrank) lindert den Juckreiz. Aloe Vera wirkt entzündungshemmend, antimykotisch und antibakteriell. Sie ist auch reich an Vitamin E, wodurch die Haut mit viel Feuchtigkeit versorgt und der Juckreiz reduziert wird. Das Gel kann man sehr gut auf den Pfoten oder anderen weniger behaarten Körperstellen verwenden.
Manuka Honig kann auf zwei Arten gegen Juckreiz eingesetzt werden. Hund und Katze können den Honig mit dem Futter bekommen, was eine Stärkung des Immunsystems zur Folge hat. Kratzwunden kann man durch Bestreichen der betroffenen Partien behandeln. Vor allem dann, wenn es sich um nässende Wunden handelt, hilft der stark zuckerhaltige Manuka-Honig dabei, die wunde Stelle schnell auszutrocknen. Die heilsame, da antibakterielle Wirkung des Methylglyoxal im Honig hilft zusätzlich dabei, die offene Stelle sauber zu halten. So werden Sekundärinfektionen wirkungsvoll vermieden.
Die Ringelblume findet in der Phytotherapie hauptsächlich äußerliche Anwendung. Als Salbe wird sie zum Beispiel bei entzündlichen Erkrankungen auf die Haut aufgetragen. So fördert die Ringelblume die Wundheilung und soll lokal auch entzündungshemmend wirken. Verantwortlich dafür sind die enthaltenen Flavonoide, die die Haut beruhigen und die Wundheilung anregen. Ein Balsam oder eine Salbe aus Ringelblume pflegt und desinfiziert die gereizten Hautpartien.
Eine Anleitung zur Herstellung eines Ringelblumenöls findest Du in den Rezepten.
Es gibt also viele Möglichkeiten mit einfachen aber effektiven Hausmitteln gegen den Juckreiz anzukämpfen.
FAZIT
Hunde und Katzen können gleichermaßen von Juckreiz betroffen sein. Juckreiz, auch Pruritus genannt, ist für viele Hunde und Katzen und damit auch deren Besitzer eine sehr belastende Situation. Diese unangenehme Empfindung löst bei den Tieren das Bedürfnis aus, sich ständig zu kratzen, lecken, beißen oder sich an Gegenständen zu reiben.
Die Ursache für das Symptom Juckreiz zu finden, steht an ganz erster Stelle, damit man den Juckreiz langfristig in den Griff bekommt. Da dies meist über einen längeren Zeitraum abgeklärt werden muss, können altbewährte Hausmittel Linderung verschaffen, damit die Tiere zur Ruhe kommen und die Wunden abheilen können.