Alptraum Giardien

Alptraum Giardien

Viele haben das bereits erlebt – ein Welpe oder Kitten zieht ein, klein und zerbrechlich. Auf einmal bekommt das kleine Wesen dauerhaften Durchfall. Besorgt geht man zum Tierarzt und bekommt die Diagnose „Giardien“ – das Rad beginnt sich zu drehen. Man wirft sich ins Internet und liest dort voller Schrecken, was da jetzt alles auf einen zukommt.

Mal vorab – Giardien sind unglaublich lästig! Die Behandlung kann langwierig und aufwendig sein, aber es gibt keinen Grund zur Panik.

Was macht die Giardien so speziell?

Es ist ihr besonderer Weg der Vermehrung, der es manchmal so schwer macht, sie rasch in den Griff zu bekommen.

Vermehrungszyklus der Giardien

Bei Giardia lamblia handelt es sich um einen parasitischen Flagellaten mit einem direkten Lebenszyklus. Nach der oralen Aufnahme der Zysten (z.B aus verschmutzen Wasser oder kontaminiertem Kot anderer Tiere) und der Magenpassage heften sich die Zysten an die Mikrovilli der Darmschleimhaut. Dort im Zwölffingerdarm (= Duodenum) schlüpfen dann zwei Wachstumsformen (sogenannte Trophozoiten).

Die Vermehrung dieser Trophozoiten erfolgt durch Teilung vor allem im Leerdarm. Unter günstigen Bedingungen können sich die Giardien ausgesprochen stark vermehren. Die Trophozoiten beginnen sich in eine widerstandsfähigen Zyste umzubilden, die dann wieder zwei Trophozoiten enthält. Diese neuen Zysten werden in großen Mengen über einen Zeitraum von 4 bis 5 Wochen über den Kot ausgeschieden.

Ernährung der Giardien

Giardien sind Einzeller, die keine Mitochondrien haben. Sie gewinnen Energie auf anaerobem (sauerstoffarmen) Weg durch Vergärung von Zucker, was aber ein sehr ineffektiver Weg ist. Giardien brauchen also zum Überleben und für die Vermehrung riesige Mengen Zucker.

Das erklärt den Siegeszug der Giardien in den letzten Jahrzehnten. Denn Zucker bekommen sie bei der aktuell üblichen Fütterung von Trockenfutter reichlich. Jedes Trockenfutter enthält mindestens 20% Stärke, aus der im Dünndarm über Amylasen und die Darmbakterien Zucker entsteht. Diese Futtermittel schaffen also ideale Lebensbedingungen für Giardien.

Da bereits Welpen und Kitten oft von Anfang an mit Trockenfutter gefüttert werden, jedoch noch kein fertig ausgebildetes Immunsystem besitzen, braucht es einen nicht wundern, dass diese Tiere so oft erkranken.

Symptome/Diagnose

Man nimmt an, das 50-70% der Hunde und Katzen in ihrem Leben mit Giardien in Kontakt kommen. Gesunde, erwachsene Tiere zeigen oft gar keine Symptome, da im Normalfall eine Infektion durch das eigene Immunsystem nach wenigen Wochen spontan eliminiert wird .

Problematisch sind Giardien bei Jungtieren, immungeschwächten oder älteren Tieren. Um eine akute Giardiose festzustellen, braucht es meist gar keine Laboruntersuchung, man sieht und riecht sie. Der Kot ist schleimig, dünn und stinkt faulig süß. Auffällig ist, dass das Tier in regelmäßigen Abständen einen schleimigen, stinkenden Kotabsatz zeigt, es dazwischen jedoch auch Phasen gibt wo der Kot normal und fest ist. Das hängt mit der in Wellen ablaufenden Vermehrung der Giardien zusammen.

Viele Tiere wirken auch nicht sonderlich krank. In schlimmen, langwierigen Fällen kann es aber zu heftigen Darmschmerzen, Krämpfen, Übelkeit, Appetitlosigkeit, Fieber und sogar Gewichtsverlust kommen.

Man sollte auf alle Fälle eine Kotuntersuchung veranlassen. Aufgrund des Zyklus der Giardien muss man über mehrere Tage Kot sammeln, da man nie weiß, wann tatsächlich der Zeitpunkt ist, an dem die reifen Zysten ausgeschieden werden. Der Befall wird mikroskopisch und mittels ELISA Test beim Tierarzt oder Labor bestätigt.

Diagnose Giardien – was nun?

Bei Giardienbefall besteht die Möglichkeit schulmedizinisch und auch naturheilkundlich vor zu gehen. Im Vordergrund steht immer die Gesundheit und das Wohlbefinden des Tieres.

Schulmedizinische Behandlung

Schulmedizinisch wird meist mit Panacur und Metronidazol gearbeitet. Normale Entwurmungsmittel wirken bei Giardien nicht! In Österreich und Deutschland sind dies auch die einzig zugelassenen Präparate gegen Giardien.

Panacur mit dem Wirkstoff Fenbendazol wirkt gegen die reifen Stadien der Giardien. Um alle zu erwischen, muss es daher in einem genau vorgegebenen Zyklus gegeben werden, um die Giardien in genau diesen Entwicklungsstadien zu treffen. Oft wird parallel mit dem Antibiotikum Metronidazol gearbeitet. Dieses hat bakterizide Eigenschaften gegen anaerobe Bakterien als auch antiparasitäre Effekte gegen Protozoen.

Tierärzte dürfen nicht auf Wirkstoffe zurückgreifen, die nicht für das Patiententier zugelassen sind. Man liest im Internet immer wieder von Spartrix zur Behandlung von Giardien. Carnidazol (Markenname Spartrix) ist aktuell nur für die Behandlung von Trichomonaden bei Tauben zugelassen. Es ist wie Metronidazol ein Nitroimidazol-Antibiotikum. Wenn man eine Behandlung mit Spartrix auf der Basis von Ratschlägen aus dem Internet durchführen will, dann kann man das nur auf eigene Verantwortung tun.

All diese medikamentösen Behandlungen müssen unbedingt im richtigen Behandlungsschema durchgeführt werden. Nicht selten passiert es, dass die Giardien aufgrund von zu kurzer oder falscher Anwendung der Medikamente schnell wieder auftreten. Die, auf fehlerhaft durchgeführte Anwendung, notwendigen Folgebehandlungen belasten den Körper des Tieres dann zusätzlich und es entstehen meist starke Schädigungen der Darmwand und Darmflora der Tiere, wodurch andere Erkrankungen begünstigt werden (z.B Dysbiose).

Naturheilkundliche Ansätze

Je nach Schweregrad des Giardienbefalls und dem körperlichen Zustand des erkrankten Tieres, kann man natürlich auch naturheilkundlichen Methoden eine Chance geben. Diese sind meist langwieriger und bedürfen etwas mehr Geduld, sind jedoch auch schonender für den Körper des Tieres. Swanie Simon hat ein Protokoll zur Behandlung von Giardien, ebenso wie die Firma Pernaturam. Man kann diese Anwendungen durchaus mal ausprobieren.

Was kann man selber tun?

Richtige/angepasste Fütterung

Bei der Fütterung der erkrankten Tiere sollte man auf Stärke verzichten! Beim BARFen hat man diesbezüglich meist kein Problem, da die Futter-Ration wenig Kohlenhydrate enthält. Zuckerhaltiges Obst und Gemüse so wie natürlich Kohlenhydrate sollten während der Giardose aus der Fütterung gestrichen werden.

Wenn man nicht barft, sollte man vorsichtig auf ein Futter wechseln, dass einen hohen Fleischanteil aufweist und keine Kohlenhydrate enthält. Das heißt – bitte kein Trockenfutter füttern, und stärkehaltige Nahrungsmittel wie Reis, Mais, Nudeln weglassen! Giardien brauchen den Zucker zum Überleben. Bekommen sie diesen nicht, werden sie über kurz oder lang langsam ausgehungert.

Wenn das Tier bereits lange Beschwerden hat, kann man natürlich auch eine Fütterung mit Schonkost in Betracht ziehen, um das Tier aufzupäppeln und den Darm zu schonen.

Moro´sche Karottensuppe – ja oder nein?

Die Moro´sche Karottensuppe ist im Fall von Durchfall aufgrund von Giardien etwas kritisch zu sehen. Die Suppe wirkt sehr gut bei bakteriell bedingten Durchfall. Durch das lange Kochen haben sich die Zuckermoleküle der Karotten in bestimmte Oligosaccharide umgewandelt. Eine Publikation der Uni Wien besagt, dass genau jene Oligosaccheride die Darmwand benetzen und dadurch Parasiten von dieser verdrängen bzw. eine Neubesiedelung durch Parasiten erschweren.

Giardien sind jedoch KEINE Bakterien! Die Karottensuppe enthält zudem sehr viel Zucker, wenn auch etwas verändert. Wie weit die Suppe daher auch bei Giardien funktioniert, muss man tatsächlich selber ausprobieren. Das kann individuell unterschiedlich sein und hängt wahrscheinlich auch vom Grad des Befalls ab. Ein schneller positiver Nebeneffekt der Karottensuppe könnte sein, dass der hartnäckige Durchfall, der den Tieren so zu schaffen macht, sanft gestoppt wird.

Immunsystem und Darmflora

Durch die Giardien und die Behandlungen wird die Darmflora geschädigt und damit auch das Immunsystem geschwächt. Es ist daher sinnvoll das Immunsystem zu unterstützen und die Darmflora aufbauen. Damit macht man es den Giardien etwas schwerer und mobilisiert die Selbstheilungskräfte des erkrankten Tieres. Pro- und Präbiotioka helfen dabei, die guten Darmbakterien wieder aufzubauen. Das Immunsystem kann man z.B phytotherapeutisch stärken.

Hygiene

Bei Giardienbefall sollte man auf ausreichende Hygiene achten. Den Kot bei Hunden natürlich entsorgen. Katzentoiletten sollten vermehrt gereinigt und das Einstreu gewechselt werden, um eine Wiederaufnahme von Zysten zu vermeiden.

Man kann dünne Decken oder Handtücher auf die Schlafplätze der Tiere legen. Diese kann man einfacher öfter reinigen und waschen als z.B den ganzen Kratzbaum oder das Sofa. Die Wassernäpfe sollten täglich mehrmals frisch gefüllt werden und die Näpfe immer mit heißem Wasser gereinigt werden.

Durchhalten ist die Devise!

Bei aller Fürsorge für das Tier ist die Giardiose auch eine schwere Belastung für den Tierhaltern, die einen in schweren Fällen regelrecht zermürben kann. Das ewige Auf und Ab von negativen Laborergebnissen, Durchfall-freien Tagen, Symptomfreiheit, Tagen der Hoffnung – und dann wieder der Rückfall – alles wieder von vorn. Giardien sind unangenehm – für das erkrankte Tier und auch den Halter. Und nur wenn man konsequent bleibt, wird man Giardien schnell wieder los.

Meist ist der Spuk auf einmal vorbei, wenn die Tiere etwas größer geworden sind und ihr Körper selber mit dem Problem zurecht kommt.

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