BARF-Menüs – der einfache Weg?

BARF-Menüs – der einfache Weg?

Man findet sie mittlerweile in fast jedem Tierfuttergeschäft – tiefgekühlte Fertig-BARF-Menüs für Hunde und Katzen. Diese Fertigmischungen suggerieren dem BARF-Anfänger eine einfache Alternative zu dem „komplizierten“ Selbermischen zu sein.

Das ganze Rationen berechnen und portionieren – wäre doch schön, wenn man einfach nur eine Packung auftauen und füttern müsste.

Artgerecht Füttern – leicht gemacht!?

Auf den 1. Blick sind BARF-Menüs eigentlich eine tolle Idee. Keine Frage! Es wäre auch tatsächlich eine tolle Idee, wenn BARF drin wäre, wo BARF drauf steht. Hier fangen die Probleme der meisten Fertig-BARF-Mixe aber leider an.

BARF nach dem Beutetierprinzip

BARF (Biologisch Artgerechtes Rohes Futter) folgt dem sogenannten Beutetierprinzip. Dieses nimmt an, dass die Zusammensetzung eines Beutetiers, die optimale Nährstoffzusammensetzung für den Jäger enthält. Daher ist eine bedarfsdeckende BARF Ration, dem Beutetier nachempfunden. Beim Hund ist dies ein Kaninchen, bei der Katze eine Maus. Wenn man danach füttert, kann man sicher sein, dass es dem Liebling an nichts fehlt. Die Fütterung kann zudem sehr individuell an die jeweiligen Bedürfnisse des Tieres angepasst werden.

Wenn man BARFen möchte, muss man sich mit diesen Grundlagen vertraut machen, damit man versteht, wie die Fütterung genau aussehen muss. Welche Komponenten sind sehr wichtig und warum? Welche Zusätze braucht das Tier, welche nicht? Fehlen diese Basis-Informationen, merkt man nicht, wenn in der Fütterung etwas Wichtiges fehlt.

Vielen Tierhaltern, die zu Fertig-BARF-Menüs greifen, fehlen aber genau diese wichtigen Grundlagen. Sie kaufen die Menüs in dem Glauben, das Tier gut und artgerecht zu ernähren. Denn wie könnte etwas nicht gut oder bedarfsdeckend sein, das im Geschäft verkauft wird?

Viele BARF-Menüs weisen aber mehr oder weniger große Mängel auf. Einige wenige kann man mit wenig Aufwand zu einer richtig zusammengestellten BARF-Ration transformieren. Aber dazu muss man erstmal erkennen und beurteilen können, was in den Menüs fehlt.

Augen auf beim Fertig-BARF Kauf

Alleinfutter oder Ergänzungsfutter?

Ein Alleinfutter enthält (theoretisch) alles, was den Nährstoffbedarf eines gesunden Tieres ohne weitere Zusätze deckt. Einzel- und Ergänzungsfuttermittel sind allein nicht ausreichend für die Versorgung des Tieres. Sie müssen mit anderen Futterkomponenten kombiniert werden, um eine bedarfsdeckende Ration zu ergeben.

Viele Menüs sind als Ergänzungsfutter deklariert, und daher NICHT für die alleinige Fütterung geeignet! Worauf muss man denn unbedingt achten?

Deklaration des Inhalts

Die Deklaration der Menü-Zusammensetzung gibt dem Tierhalter einen Hinweis darauf, aus welchen Inhaltsstoffen sich das Futter tatsächlich zusammensetzt. Auf den Etiketten findet man 3 Arten der Deklaration. Die offene, halboffene und die geschlossene Deklaration.

Bei der offenen Deklaration werden die Komponenten eines Futters detailliert und mit ihrem prozentualen Anteil aufgelistet. 

Beispiel: 65 % Fleischanteil ausschließlich Rind, bestehend aus Rinderlunge, Rindfleisch, Rinderherz, Rinderschlund, Rinderleber, Rinderniere, 26,5 % Wasser, 4 % Kartoffeln, 2 % Karotten, 1 % pflanzliche Dickungsmittel, 0,5 % Rosmarin, 0,5 % Lachsöl

Halboffene Deklarationen nennen die Inhaltsstoffe in der Reihenfolge ihrer Menge, aber ohne Maßangabe.

Beispiel: 67 % Lamm (z. B. Fleisch, Leber, Pansen), 13 % Pute (Fleisch, Herz), 18 % Gemüse und Obst, 2 % Öle, Kräuter und Algenkalk

Bei einer geschlossenen Deklaration werden nur noch die Nährstoffgruppen angegeben,

Beispiel: Fleisch und tierische Nebenerzeugnisse, Getreide, Mineralstoffe, pflanzliche Nebenerzeugnisse, Öle und Fette, Fleischbrühe

Desto genauer der Hersteller angibt, was das Futter tatsächlich in welchen Mengen enthält, desto einfacher kann man das Fertig-Menü beurteilen und gegebenenfalls aufpeppen und zugeben, was fehlt.

Qualität des Inhalts

Man unterscheidet zwischen hochwertigem Protein und schwer verdaulichem, sehr bindegewebsreichem Fleisch. Der Muskelfleisch-Anteil sollte bei BARF aus hochwertigem Muskelfleisch bestehen, während der Pansen-Anteil das bindegewebsreiche Fleisch repräsentiert. Dieser schwer verdauliche Anteil ist mit 20% limitiert, da er eine weniger günstige Aminosäurenzusammensetzung und auch geringere Verdaulichkeit besitzt. 

Oft enthalten die BARF-Menüs unverhältnismässig viel bindegewebsreiche Schlachtabfälle wie Schlund, Kehlkopf, Euter oder Pansen/Blättermagen. Der Nährwert dieser Komponenten ist im Vergleich zum Muskelfleisch geringer und ein Zuviel an schwer verdaulichem Fleisch kann zu Blähungen und sogar Durchfall führen. Kehlkopf und Schlund können zudem noch Schilddrüsengewebe des Schlachttiers enthalten und damit eine große Menge an Schilddrüsenhormonen. Da die Schilddrüse ein sehr sensibles Organ ist, kann es passieren, dass diese auf ein Zuviel an Hormonen reagiert und es langfristig zu einer Schilddrüsenüberfunktion kommt. Daher sollte man von der Fütterung von Kehlkopf Abstand nehmen – nicht nur beim Fertig-BARF!

Beispiel für ein solch unpassendes Menü:
Rinderkopffleisch, Rindergurgel (Kehlkopf, Luftröhre), Rinderschlundfleisch mit 10% Gemüse.

Stückig oder gewolft?

Die meisten Fertig-BARF Mischungen werden gewolft verkauft. Ganz selten findet man Mixe mit stückigem Fleisch. Dadurch hat man als Kunde aber keine Möglichkeit mehr zu erkennen, mit was für einer Fleischqualität man es tatsächlich zu tun hat. Gewolftes Fleisch kann durch die vergrösserte Oberfläche auch eine erhöhte Bakterienlast haben als stückiges Fleisch.

Wie sieht der Innereien-Anteil aus?

Die Innereien haben bei BARF eine ganz wichtige Aufgabe, nämlich die Versorgung mit Vitaminen und Mineralstoffen. Ihr Anteil bei BARF liegt bei 15% des tierischen Anteils aufgeteilt auf 30% Leber und je 17.5% Niere, Milz, Herz und Lunge. Euter, Mägen oder Pansen gehören NICHT zu den Innereien! Die Aufteilung in den Menüs sollte nicht wesentlich davon abweichen. Nur so enthält es eine ausreichende Menge an Nährstoffen.

Leider findet man oft einen übermässig hohen Anteil an Lunge und Herz, den weniger nährstoffreichen Innereien. Auch sollte der Gesamtanteil der Innereien im Menü zwischen 10-15% liegen, nicht darüber oder darunter.

Beispiel:
Pferdefleisch 35 %, Pferdeherz 35 %, Kartoffeln 30 %

In diesem Menü fehlen unter anderem alle wichtigen Innereien wie Leber, Niere und Milz

Ist die Calciumversorgung gesichert?

Rohe Fleischige Knochen (RFK) liefern dem Tier bei BARF vor allem Calcium, Phosphor, Magnesium und viele andere Mineralstoffe. Auch hier ist die richtige Menge wichtig, da weder zuviel noch zu wenig gut ist. Die Mischung sollte etwa 15-20% RFK (Hühnerhälse, Brustbein,…) oder ein Calcium-Supplement (z.B Knochenmehl) in der richtigen Menge enthalten

Ein zu hoher Knochengehalt ist schwer verdaulich und kann in schlimmen Fällen zu Verstopfung oder sogar Knochenkot führen. Sind zu wenig Knochen oder sogar nur Knorpel (z.B Luftröhre) im BARF-Menü enthalten, ist die Nährstoffdeckung der Mineralstoffe nicht mehr gegeben.

Beispiel 1:

82 % Fleisch vom Rind: Muskelfleisch, Herz, Pansen grün, Leber, 15 % Obst/Gemüse (Karotten, Birne, Apfel), 1,5 % Leinöl, Lebertran Calciumcarbonat, Calciumphosphat, Magnesiumcarbonat, Meersalz

Keine weitere Deklaration über die Menge an Calciumcarbonat oder Calciumphosphat und damit keine Information, ob der Calciumbedarf des Tieres gedeckt werden kann.

Beispiel 2:
59% Kaninchenkarkasse, 20% Kaninchen Innereien, 20% Obst/Gemüse, 1% Leinöl

Der Knochenanteil in diesem „Menü“ ist viel zu hoch, abgesehen von der generell unpassenden Zusammensetzung

Stimmt der Fettgehalt?

Fett ist der Energielieferant in der BARF-Fütterung und muss in ausreichender Menge gefüttert werden. Enthält eine Ration zu wenig Fett, zieht der Körper Energie aus den Proteinen und das belastet langfristig die Niere. Das BARF-Menü sollte daher ungefähr 8-10% tierisches Fett enthalten. Öle sind keine geeignete Fettquelle! Wenn das Menü von der restlichen Zusammensetzung her passt und einfach nur zu wenig Fett enthält, kann man das ganz einfach ergänzen.

Beispiel 1:
Analytische Bestandteile: Protein 9%, Fettgehalt 6%, Feuchtigkeit 72%, Rohfaser 0,66%, Rohasche 2,5%

Dieser Fettgehalt wäre auf Dauer zu niedrig für einen gesunden Hund!

Beispiel 2:
Analytische Bestandteile: Feuchtegehalt 65%, Protein 15%, Fett 17%, Rohasche 2%, Rohfaser 1%

Dieser Fettgehalt wäre auf Dauer zu hoch!

Wie sieht es mit dem pflanzlichen Anteil aus?

Obst und Gemüse liefern sekundäre Pflanzenstoffen und die für die Darmflora notwendigen Faserstoffen. Da sie in zu großen Mengen die, für die Tiere viel wichtigeren, tierischen Komponenten verdrängen, sollte die Menge 20% (beim Hund) und 5% (bei der Katze) nicht überschreiten. Man sollte auch darauf achten, welche Sorten enthalten sind – Apfel, Birnen, Gurke, Karotten,….sind in Ordnung. Auf Erbsen, Lauch, grüne Bohnen, Rübenschnitzel, Mais und Soja sollte verzichtet werden.

Kohlenhydrate in Form von Getreide, Kartoffeln oder Pseudo-Getreide können durchaus Teil einer BARF-Ration sein. Da sie jedoch in großen Mengen, durch die in ihnen enthaltenen anti-nutritiven Stoffe (z.B Phytinsäure) die Bioverfügbarkeit von vielen Mineralstoffen herabsetzen, sollte ihr Anteil 10% der Gesamtmenge nicht überschreiten. In Katzen-Menüs sollten KEINE Kohlenhydrate enthalten sein.

Beispiel:
Menü aus 70% feinem Rindermuskelfleisch (Muskel-, Stich- und Kopffleisch mit natürlichem Fettanteil) sowie 30% gegarte Kartoffel, Erbsen, Rübenschnitzel, Karotten, Petersilie und Lauch.

Was für Zusätze enthält die Mischung?

Da man bei BARF ein Beutetier nicht exakt nachbauen kann, muss man auf einige wenige Zusätze gezielt einsetzen. Dazu gehören Seealgenmehl zur Jod-Versorgung, Dorschlebertran um Vitamin D zu zu führen, ein tierisches 369 Öl um wertvolle Omega 3 Fettsäuren zu liefern und Calciumsupplemente, wenn keine Knochen gefüttert werden. Wichtig ist dabei, dass diese Zusätze in der richtigen Menge für das Tier gefüttert werden.

Enthält das BARF-Menü also keine Zusätze, kann man als Halter diese einfach gezielt zugeben. Das wäre eigentlich der Optimalfall.

Beispiel für einen passenden tierischen Mix ( Ergänzungsfuttermittel für Hunde ) bestehend aus:

50% Muskelfleisch, 20% grüner Pansen, 15% Kalbsbrustbeinknochen, 15 % Innereien (34% Leber, 17% Niere, 17% Herz, 16% Milz, 16% Lunge)

Dieses BARF-Menü müsste nur noch mit Obst/Gemüse und den notwendigen Zusätzen in der richtigen Menge komplettiert werden.

Meistens enthalten die BARF-Menüs jedoch Zusätze in falschen Mengen. Wobei ein Zuviel genauso schlecht ist, wie Zuwenig! Viele der Nährstoffe stehen in einem Gleichgewicht zueinander.

Zuviel/zuwenig Seealgenmehl ist schlecht für die Schilddrüse. Dauerhaft zu viel Vitamin D kann eine Hyperkalzämie provozieren. Ein Mangel an Vitamin D kann wiederum einen Calcium-Mangel auslösen.

Oft werden bei den BARF-Menüs pflanzliche Öle eingesetzt. Diese sind für Hunde wenig und für Katzen gar nicht geeignet. Mit dem Öl möchte man das Omega 3/6 Verhältnis in Richtung Omega 3 verbessern. Das kann aber nur funktionieren, wenn das Öl mehr Omega 3 als Omega 6 Fettsäuren enthält. Tierische Öle (wie Fischöl) haben hier die Nase vorn, während in pflanzlichen Ölen Omega 6 Fettsäuren überwiegen.

Beispiel:

Lammfleisch 81% (Muskelfleisch, Lammrippe, Lunge, Leber, Herz), Kürbis, Karotte, Chicorée (getrocknet), Sonnenblumenöl, Weizenkeimöl, Mineralien

Algenkalk oder Eierschale bestehen aus reinem Calciumcarbonat, welches mit der Magensäure zu Kohlensäure reagiert und bei empfindlichen Tieren zu Sodbrennen führen kann. Wenn dauerhaft zu wenig Calcium gefüttert wird, beginnt der Körper Calcium aus Zähnen und Knochen zu lösen. Zuviel Calcium hemmt aber wieder die Aufnahme anderer Mineralstoffe wie Magnesium, Zink und Eisen.

Kräuter stehen im Normalfall für Gesund und Wertvoll. Sie werden daher momentan fast inflationär im Tierfutter eingesetzt. Die meisten Kräuter sind aber auch Heilkräuter und haben bestimmte Wirkungen. Daher setzt man sie gezielt kurweise bei Problemen ein. Viel hilft in diesem Fall nicht viel. Meistens sind die Kräuter gar nicht genau deklariert, sodass man gar nicht weiß, was eigentlich in welcher Menge enthalten ist.

Beispiel:
47 % Muskel-, Kopf-, und Schlundfleisch vom Rind (davon Schlundfleisch 2 %), 30 % gemahlene Hühnerhälse und Karkassen, 15 % saisonale Gemüse (Karotten, Brokkoli, Zucchini, Stangensellerie, Salate), 6,5 % grüner Pansen, 1 % kaltgepresstes Flachsöl (Leinöl), 0,5 % Seealgen- und Kräutermischung (Brennnessel, Johanniskraut, Queckenwurzel, Beinwell u.a.)

Neben der unpassenden Zusammensetzung (zuviel Knochen, keine Innereien, Schlund) setzt dieses Menü auf eine wilde Kräutermischung.

FAZIT

Ihr seht – es ist gar nicht so einfach den Überblick zu behalten in der Flut an BARF-Menüs. Tatsächlich muss man sich gut mit der Thematik BARF auskennen, um die verschiedenen BARF-Menüs in der Qualität ein zu schätzen. Manche sind offensichtlich grottenschlecht, andere schauen auf den 1. Blick gut aus und wenn man genau schaut, fehlen dann doch essentielle Dinge.

Auch bedarf es einiges an Rechnerei um halbwegs passende aber unvollständige BARF-Mixe richtig zu komplettieren. Das ist eigentlich um einiges komplizierter als selber einen Futterplan zu berechnen. Es ist also gar nicht so einfach, wenn man sein Tier ausschließlich mit Fertig-BARF Menüs füttern möchte.

Es gibt einige bessere BARF-Mischungen, die man durchaus über einen kurzen Zeitraum, wie im Urlaub, füttern kann, da ein gesundes Tier es auch verträgt, wenn die Fütterung mal nicht ganz ausgewogen ist.

Für die tagtägliche Fütterung sollte man sich aber doch überlegen, ob Fertig-BARF tatsächlich das Richtige für das Tier ist.

Der leichte Weg ist nicht immer auch der beste Weg! Somit Augen auf und bitte immer das Kleingedruckte anschauen und bewerten.

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